Jahrzehntelang war das Iliosakralgelenk unter den Wirbelsäulenchirurgen eine „ no touch“ Region. Das war zum einen auf einen sehr invasiven und destruierenden operativen Zugang, zum anderen auf häufig eintretende Pseudoarthrosen zurück zu führen. Heute gibt es eine effektive und minimal-invasive Methode, um das schmerzhafte Gelenk ruhig zu stellen.
Zirka 20% der spezifischen Rückenschmerzen gehen ursächlich auf Störungen von Iliosakralgelenken zurück. Selbst unter Patienten, die nach einer Spondylodese – besonders wenn diese bis auf S1 ausgedehnt wurde – über neu aufgetretene, tief lumbale Schmerzen klagten, konnte durch eine Studie in 13% der Fälle das ISG als Schmerzquelle identifiziert werden. Typischerweise handelt es sich um meist einseitige oder zumindest einseitig betonte brennende Schmerzen, die von der Kreuzbeinregion in die Oberschenkelrückseiten ausstrahlen. Die betroffenen Patienten nehmen im Sitzen häufig eine asymmetrische, zur Seite gekippte Position ein.
Von den bekannten physischen Untersuchungsmethoden für das ISG hat sich keine als ausreichend spezifisch und zuverlässig erwiesen. Auch die bildgebende Diagnostik hilft oft nicht weiter. Nicht selten sehen wir ein degenerativ verändertes Iliosakralgelenk ohne entsprechende Symptome und umgekehrt kann ein radiologisch unauffälliges Gelenk starke Beschwerden verursachen. Als zuverlässigste Methode gilt die wiederholte, bildwandlergestützte Blockade nach Kontrastmitteldarstellung des Gelenkspaltes.
Klassische konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Manuelle- oder Chirotherapie auch in Kombination mit Kortison-Infiltration des Gelenkes sind meist erfolgreich. Eine Intervention mit Radiofrequenzablation der das Gelenke versorgenden Schmerzfasern gestaltet sich oft mühsam und zeitaufwendig und bringt leider nur vereinzelten und vorübergehenden Erfolg.
Die erste Operationsmethode für eine ISG-Arthrodese wurde vom Smith-Petersen 1921 beschrieben. Er löste praktisch die gesamte gluteale Muskulatur vom dorsalen Beckenkamm ab und frischte durch ein Kortikalisfenster das Gelenk großflächig an. Wegen der zugangsbedingten, oft starken postoperativen Schmerzen und häufigen Pseudoarthrosen ist dieses Verfahren nie populär geworden. Aber auch nachfolgende, neuere Methoden konnten sich vor allem wegen der ausgeprägten Invasivität des Zuganges nicht durchsetzen. Daraus entwickelte sich in der Folge ein zweifelhafter Ruf der ISG-Operation überhaupt und vielen Patienten wurde trotz eindeutiger Diagnose auch bei grossem Leidensdruck von der ISG-Arthrodese abgeraten.
In den letzten zehn Jahren hat sich auf diesem Gebiet allerdings Grundlegendes verändert. Entwickelt wurden mehrere wenig invasive Operationsmethoden, durch die eine primäre Stabilität des betroffenen Gelenkes und damit eine hohe Arthrodeserate erreicht werden konnte.
Bei der von mir seit drei Jahren angewandten Technik werden durch einen drei Zentimeter langen Hautschnitt unter Bildwandlerkontrolle mithilfe eines Kanülensystems und anderer spezieller Instrumente drei Titanprofile mit dreieckigem Querschnitt eingebracht. Die das Gelenk überbrückenden Implantate haben eine spezielle, in der Endoprothetik seit langem angewandte sog. Porous-Plasma-Spray Beschichtung, welche sowohl primäre Stabilität als auch gute knöcherne Integration gewährleistet.
Die Patienten können sechs Stunden nach dem Eingriff mit Teilbelastung mobilisiert werden.
Da – wie oben erwähnt – die meisten Patienten unter einseitigen, bzw. deutlich seitenbetonten Symptomen leiden, wird in einer Sitzung in der Regel auch nur eine Seite operiert. Interessanterweise zeigt sich in etwa 70-80% der Fälle nach dem Eingriff auch das andere, weniger schmerzhafte Gelenk ebenfalls deutlich schmerzreduziert, sodass auf die Versteifung der zweiten Seite verzichtet werden kann.
In Nachuntersuchungen ( Five-Year Clinical and Radiographic Outcomes After Minimally Invasive Sacroiliac Joint Fusion Using Triangular Implant Leonard Rudolf, MD* – The Open Orthopaedics Journal, 2014, 8, 375-383 ) wurde bei siebzehn Patienten nach fünf Jahren eine durchschnittliche Schmerzreduktion von 8,3 auf 2,8 in der VAS gefunden. 88% der Patienten profitierten von dem Eingriff.
Mit dieser neuartigen Fusionstechnik des ISG steht eine effektive und wenig invasive operative Lösung für die Patienten zur Verfügung, die auf konservative Behandlungen nicht ansprechen.